Oder vielleicht sollte ich besser sagen „nichts für Fleischesser“.
Brandig nennt man den Vorgang des Markierens der eigenen Rinder im Frühjahr. Zeitgleich wird auch aussortiert, welcher Bulle für die Zucht weiterhin Bulle bleiben darf.
Andrew hat zwei riesige Rinderfarmen. Eine etwa 30 km von Gin Gin entfernt mit ungefähr 2000 ha Waldfläche, die andere ist etwas kleiner mit vielleicht 900 ha. Im Vergleich dazu hat die Stadt Berlin weniger als 90000 ha. Bei einem Besuch auf seiner größeren Farm sah man am Horizont eine kleine Hügelkette, die auch noch zur Farm gehört.
Wenn ich sage Waldfläche, dann deshalb, weil es für mich aussieht wie Wald. Es ist eigentlich eher Buschland mit reichlich Baumbestand, alten Sträuchern und Kakteen.
Insgesamt ca. 200 oder 250 Rinder hat Andrew auf seinen beiden Farmen. Die Kühe haben normalerweise jedes Jahr ein Kalb. Damit erst mal klar ist, wer der Eigentümer des Nachwuchses ist, werden die Jungtiere mit Brandzeichen versehen.
Die Tiere leben ausschließlich in diesem eingezäunten Buschland. Wasser finden sie in kleinen, künstlich angelegten Dämmen oder in den Flüssen, die das Buschland durchziehen. Genug Futter wächst im Busch ohnehin. Der Pflegeaufwand beschränkt sich auf das Reparieren der Einzäunung und das gelegentliche Einfangen von Ausreißern. Dann ist da natürlich auch das Trennen der Jungtiere von den Müttern, das Brandig und der Transport zum Verkauf.
Letzte Woche waren wir auf Andrews kleinerer Farm, etwa 80 km von Gin Gin entfernt dabei, wie die Herde von ca. 80 Tieren zusammengetrieben wurde. Hornpflege, Impfung, Branding und Kastration standen auf dem Programm. Ein harter Job aus meiner Sicht.
Andrew heuert für diese Arbeiten ein Trio bestehend aus einem jungen Mann, ca. Mitte 20 und zwei älteren Frauen an. Alle haben ihre gut zugerittenen Pferde dabei und eine ganze Meute quirliger Hunde, die sich wohl am meisten über den Job freuen.
Zuerst wird mit Pferden und Hunden die Rinderherde aufgespürt und zum Paddock getrieben. Das kann durchaus ein paar Stunden dauern, je nachdem, wie weit die Herde entfernt ist. So ein Paddock besteht aus mehreren Bereichen und einer Art Gang, in dem die Rinder nur einzeln laufen können. Man muss sie nur überzeugen, da auch reinzugehen und das geschieht ziemlich lautstark und mit langen Knüppeln.
Von Andrew wollte ich wissen, wie man das emotional verkraftet. Die Tiere werden gebranntmarkt, kastriert und was nicht alles. Aus meiner Sicht ist das ziemlich brutal. Wahrscheinlich stellt auch nur ein Stadtmensch solche Fragen. Andrew hat sein ganzes Leben lang mit den Rindern gearbeitet. Der Großvater hat das Land in den 1920er Jahren von der Regierung bekommen, unter der Bedingung, es zu bewirtschaften. Sein Vater hat die Farm später übernommen und nun seit etlichen Jahren ist Andrew der Rinderfarmer. Er kennt es nichts Anderes. Er sagt, dass sie niemals grausam zu den Tieren sind und das Branding passiert nur ein Mal in ihrem Leben, das würden sie bald vergessen.
Seine Helfer sind ein eingespieltes Team. Jeder Handgriff sitzt. Es wird akribisch Buch geführt über jedes Rind und jede Aktion. Elisabeth, die ältere der beiden Ladys ist normalerweise auch mit ihrem Pferd dabei, wenn die Herde zusammengetrieben wird. Sie ist jetzt 78 und denkt überhaupt nicht daran, ihren Job aufzugeben. Diesmal war ihr Pferd unpässlich, also war sie nur am Paddock dabei. Auch sie hat ihr ganzes Leben nichts anderes gemacht, als die harte Arbeit eines Cowboys. Sie sieht ihren Job nicht als hart an und meinte nur, dass die meiste Arbeit ohnehin die Hunde verrichten, wenn die Rinder im Busch aufzuspüren und zu treiben sind.
Alles ist vorbereitet. Nun werden die Tiere der Reihe nach in den engen Gang getrieben.
Ihre Kollegin und der junge Mann hatten nicht nur Hornpflege und Impfung, sondern auch das Brandig und die Kastration zu machen. Das ist der schlimmste Teil dabei. Insgesamt 4 Brandstempel mussten die armen Tiere sich gefallen lassen. Der Geruch von verbranntem Fleisch breitet sich dabei großflächig aus. Die Kastration erleben fast alle jungen Bullen. Nur wenigen bleibt das erspart. Mit einer Art Zange wird ein sehr fester Gummiring gespreizt und über die Hoden gezogen. Damit wird die Blutzirkulation unterbunden und nach etwa 4 Wochen fällt der Hodensack ab. Es ist zwar nicht blutig, weil ja erst mal nichts abgeschnitten wird, muss jedoch für die Tiere sehr qualvoll sein.
Also liebe Fleischesser, behaltet immer im Hinterkopf, was für Quälereien mit unserem Fleischverzehr verbunden sind.
Eine kleine Überraschung hatte der Wald noch für uns: eine Gruppe von Zitronenbäumen voller reifer, saftiger Früchte. So leckere Zitronen habe ich noch nirgendwo gesehen.
Unsere Zitronenernte