Die Tauchfabrik

Drei ganze Tage auf dem Boot hatten wir. Darüber will ich kurz berichten, bevor es weiter geht mit Kaffeeplantagen und Edelsteinen.

Cairns scheint total in chinesischer Gewalt zu sein. Geht man duch die Sraßen, begegnen einem nur Chinesen. Die Grillplätze an der Uferpromenade sind belagert von Chinesen, die dort ausgiebig brutzeln und mit ihren Stäbchen rumhantieren und auf dem Boot waren auch etwa die Hälfte der Gäste Chinesen. Die andere Hälfte, einschließlich der Besatzung, war kunterbunt und vertrat sozusagen den Rest der Welt. Das Problem mit den Chinesen ist, dass sie immer nur unter sich bleiben und keinen Kontakt zum „Rest der Welt“ wollen. Sie sitzen immer in Gruppen zusammen und kommunizieren nur untereinander, und das mitunter recht laut.

Früh morges im Hafen von Cairns
Die Gäste gehen an Bord: rechts der Katameran

Mit einem Katameran ging es etwa zweieinhalb Stunden lang hinaus auf den Ozean, bis hin zu den Korallenriffs. Das Meer war recht aufgewühlt und bei zwei der Chinesinnen war nicht zu übersehen, dass es ihnen gar nicht gut ging.

Korallen wohin man auch sieht

Die Korallenriffs an der Westküste Australiens sind mehr als 2000 km lang. Es gibt tausende kleiner Inseln, die keinen Namen haben, weil sie so winzig sind. Manche von ihnen sind keine Sandinseln, sondern bestehen aus Muschelkalk, der aber auch so fein geschrotet ist wie die Sandkörnchen die uns vertraut sind. Das Korallenriff ist ca. 30 bis 40 km vom Festland entfernt. Meistens sieht man nur die seichten Stellen im Wasser, die die Korallen verraten. Korallen brauchen Licht und warmes Salzwasser. Bis zum Festland kann man nicht mehr sehen, einzig am Horizont zeichnet sich die nahe Gebirgskette ab, aber nur bei guter Sicht. Auf der anderen Seite, nämlich zum Ozean hin sieht man hohe Wellen, die sich an den Riffs brechen. Die Korallen sorgen dafür, dass es auf der Seite zum Festland keine allzu hohen Wellen gibt, denn die müssen sich auf dem Weg dorthin wieder neu formieren. Zwischen Korallenriff und Festland ist das Meer somit relativ ruhig, was beim Tauchen und Schnorcheld von Vorteil ist.

Das Mutterschiff wartet auf die Neuen; der Standort des Botes wird mindestens einmal am Tag geändert. Man sieht also immer andere Korallenriffs

Mit dem Katameran sind wir also zum Mutterschiff gebracht worden. Das ist ähnlich gebaut, aber größer und mit Schlafkabinen auf zwei Etagen. Das Mutterschiff hat etwa 14 Leute Besatzung und 30 Gäste. Die Besatzung bleibt immer eine Woche an Bord und dann sind ein paar Tage frei. Jeder von ihnen war bemüht, die Gäste bei Laune zu halten und war ausgesprochen hilfsbereit und nett. Jeden Tag werden neue Gäste gebracht. Manche bleiben nur eine Nacht, andere eine ganze Woche. Die meisten Gäste waren junge Leute, sportlich und drahtig. Die Besatzung natürlich auch. Zwei junge Praktikantinnen, eine aus Belgien, eine aus Deutschland, beide gerade mit der Schule fertig geworden, haben über Work & Travel dort eine Stelle gekriegt. Freie Kost und Unterbringung, jeden Tag mindestens drei Mal Tauchen gehen, jeden Tag Umgang mit Leuten aus der ganzen Welt, das ist schon ziemlich aufregend. 

Tausende dieser Fische mit Streifen, dann wieder welche mit gelben Schwänzen und anderen Formen in großen Schwärmen

Wir hatten uns für zwei Übernachtungen auf dem Schiff entschieden. Unsere Kabine hatte insgesamt drei Schlafplätze und ein winziges Bad. Nach einer kurzen Einweisung zu den Regeln an Bord und über die Zeitplanung für die verschiedenen Aktivitäten war auch schon die erste Runde Schnorcheln auf dem Programm. Wir hatten in Cairns für mich eine spezielle Taucherbrille gekauft, mit Dioptrien wie meine Brille, so dass ich unter Wasser genau so gut sehen kann wie mit der Brille. Bisher ging es mit Kontaktlinsen recht gut, hier aber ist man ja zwischen den Malzeiten ständig im Wasser, da wäre das ziemlich lästig. Zum Schnorcheln und zum Tauchen sollte man einen Anzug tragen, der vor den giftigen Quallen schützt. Meistens ist es überflüssig, aber so ist man auf der sicheren Seite. Ein ganzes Sortiment davon hängt auf dem oberen Deck und jeder greift sich, was passen könnte. Die Anzüge werden anschließend durchgespült und tropfnass aufgehängt. Natürlich werden die nie richtig trocken und riechen auch nicht so gut. Ich habe immer eine ganze Weile gebraucht, den feuchten Strampler anzuziehen und fand das recht lästig.

Eine Muschel von etwa 1 m Länge; wenn man den Fuß in die Öffnung steckt, hat man verloren
Ein Beispiel für die bunte Vielfalt an Fischen jeder Größe und Farbe

Die seltsamsten Kreaturen an Korallen gedeihen unter Wasser. Manche sind weich und bewegen sich mit jeder Strömung, manche sind fest wie Beton und andere fühlen sich an wie aus Gummi. Anfassen sollte man sie natürlich nicht, denn sie können giftig sein oder Infektionen verursachen. Korallen können aussehen wie Bäume oder wie seltsame Pilze. Die Unterwasserwelt zu beschreiben, dazu fehlen mir einfach die Worte, aber ich habe fotografiert und Filme gemacht. Mit Fischen bin ich geschwommen, Haie haben mich angeglotzt, den Schildkröten bin ich so nahe gekommen, dass ich sie hätte anfassen können.

Da ich von alledem nicht genug kriegen konnte, habe ich mich schließlich an das Tauchen herangewagt. Ein Instruktor musste mir helfen, weil ich ohne jede Erfahrung war. Meiner hieß Alfonso, ein junger Spanier, der sehr gut alles erklärt hat und mit ganz viel Geduld gewartet hat bis ich so weit war, unterzutauchen. Vorher lernt man auch eine Art Zeichensprache, um sich unter Wasser verständigen zu können. Die Ausrüstung ist schwer und besteht aus einem Wirrwar von Schläuchen und Messgeräten, einem Gürtel mit Gewichten sowie der aufblasbaren Weste mit dem Sauerstofftank.

Eine lebendige Qualle, die wie eine Blume aussieht, sich aber viel schöner bewegt
Fische und bunte Korallen

Anfangs war ich sehr ängstlich und war fast in Panik, als ich unter Wasser das Mundstück rausnehmen sollte. Das ist eine der Übungen, die man vorher macht, damit man für den Fall der Fälle gewappnet ist. Den Druckunterschied auszugleichen ist eine der anderen Übungen und wenn man die missachtet, dann können die Ohren Schaden nehmen. Nach jedem Meter Tiefe muss der Druck in den Ohren ausgeglichen werden. An einem Seil haben wir uns dann Meter um Meter in die Tiefe ziehen lassen. Ich bibbernd vor Angst, aber der geduldige Alfonso immer auf der Hut und zur Stelle. Schließlich war ich so angetan von alledem, dass ich noch drei weitere Male mit Alfonso getaucht bin. Beim letzten Mal war ich dann schon völlig entspannt und habe nur noch die wunderbaren Bilder um mich herum genossen. Win hat uns beim letzten Tauchgang begleitet, aber für ihn ist das nicht mehr so aufregend, weil er in Neu Guinea sein halbes Leben unterwasser verbracht hat.

Das bin nicht ich, aber so ähnlich habe ich auch ausgesehen

Die Nächte auf dem Schiff sind von leichtem Schaukeln begleitet, was einem am Tage gar nicht so auffällt. Man kann sich regelrecht in den Schlaf schaukeln lassen. Nach einiger Zeit hat man das Gefühl, dass es ohne Schaukeln gar nicht mehr geht. Als wir nach der Tour wieder an Land waren, hat immer noch alles geschaukelt.

Eine Miniinsel aus Muschelkalk

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