In der Wüste

Im Hotel wurden wir aufmerksam auf eine Tour in die Wüstengegend um Baharyya aufmerksam. Black Dessert (Schwarze Wüste), White Dessert (Weiße Wüste), Christal Rock (Bergkristall-Berg) mit Übernachtung in der Wüste. Das klang verlockend. Also haben wir das für den nächsten Tag gebucht. 

Früh um 6:00 Uhr sollten wir abgeholt werden. Das wurde dann eine Stunde später, weil er erst alle anderen Teilnehmer in der Stadt eingesammelt hat, wir waren die letzten. So fanden wir uns in einer bunt zusammengewürfelten Gruppe wieder die da waren: ein junges Pärchen aus China, ein junger Japaner, Anna aus Portugal und Julia aus Brasilien. Wir sind natürlich die Ältesten und die Gruppe könnte unterschiedlicher nicht sein. 

Das Pärchen aus China wirkt sehr verschlossen. Sie ist zwar relativ kommunikativ, aber er scheint gar nicht richtig dabei zu sein, sitzt immer abseits, redet nicht und wann immer jemand versucht, mit ihm zu sprechen, kommt nur ein einziges Wort zurück wie „vielleicht“, „ja“ oder „nein“. Sie legt immer den Arm um ihn und tätschelt ihn andauernd. Vielleicht hat sie ein schlechtes Gewissen, weil sie ständig mit dem Japaner flirtet und muss ihn besänftigen. Der Japaner ist ein sehr hübscher Mann, an dem es wirklich keinen einzigen Makel zu geben scheint. Alles ist so perfekt und so wohlgeformt. Das ist ihm auch voll bewusst. Er kremt sich ständig ein, in der Sonne trägt er nicht nur langärmliche Sachen mit Kapuze, sondern auch einen großen Schirm, damit die Sonne seinen perfekten Teint nicht bräunt. Spätestens, wenn er sich mit der Hand durch die Haare fährt, sieht man seine Eitelkeit. Er ist Arzt am Anfang seiner beruflichen Laufbahn mit dem Ziel, später als Schönheitschirurg zu arbeiten. Was auch sonst? 

Anna aus Portugal ist die temperamentvollste unter uns, schnattert, streitet, lacht und weiß alles. Sie war schon mehrmals hier und bleibt immer für ein paar Wochen. Sie will bald nach Indien gehen, nach Goa. Dort will sie ihr eigenes Geschäft aufbauen als Gesundheitscoach oder spirituelle Heilerin. Sie ist militante Vegetarierin mit Tattoos und Piercings an allen Ecken, isst aber auch keinen Zucker oder Dinge mit Mehl. Naja, beim Zucker nimmt sie es nicht so genau und beim Mehl wohl auch nicht.

Dann ist da noch Julia, die mir persönlich am besten gefällt. Sie arbeitet im Filmgeschäft und war an verschiedenen Produktionen beteiligt, die sie auch ins Ausland gebracht haben, was ihrer Reiselust sehr entgegen kam. Julia redet keinen Blödsinn und hat einen guten Humor. Vielleicht bleiben wir ja im Kontakt. 

Unser Fahrer versteht leider kein Englisch, was eine Verständigung fast unmöglich macht. Aber er fährt sehr sicher und das reicht aus. Wir fahren ca. 400 km entfernt in die Wüste. Eigentlich fängt die Wüste ja schon hinter Kairo an, aber weiter weg von der Großstadt ist das nochmal was Anderes. Die neugebaute Straße ist dreispurig mit Gegenverkehr. Es ist allerdings nicht viel los hier. Nach etwa viereinhalb Stunden kommen wir in eine kleine Stadt, in der wir in einem Hotel ausgeladen und verpflegt werden. Nach der Pause geht es weiter zu den Sehenswürdigkeiten. Die Schwarze Wüste, gleich neben der Autobahn, ist nicht besonders aufregend. Man sieht Lavagestein zerbröselt auf den Hügeln und das wars auch schon. Die Weiße Wüste ist schon interessanter mit den ausgefallenen Steinen und dem weißen Quarzsand, der fast aussieht wie Schnee. Aus welchen Gründen auch immer können wir nicht weiter in das Gelände fahren. Irgendein Befehl der Regierung, Militär, Sicherheit, für uns nicht verständlich ist der Grund. Ebenso können wir bei den Kristallbergen nur in der Nähe der Autobahn rumlaufen und haben das Gefühl, dass uns das Beste vorenthalten wird. 

Nach der Tour übernahmen uns zwei andere Fahrer. Wir wurden auf zwei Jeeps verteilt und nun ging es richtig zur Sache. Quer durch die Wüste über Sand, Steine, Hügel in einer wilden Fahrt bis zu einem Tal mit Sanddühnen ringsum. Das war unser Campingplatz. 

Während wir auf den nächsten Hügel wanderten, um den Sonnenuntergang in der Wüste zu sehen, haben die beiden Männer einen kuscheligen Lagerplatz vorbereitet mit Teppichen und Matratzen und fingen an, unser Abendessen zu kochen. Es gab frisches Obst, Reis, Salat, gegrilltes Hähnchen und gekochtes Gemüse, später noch Tee am Lagerfeuer. Dort hat sich dann auch herausgestellt, dass Mahmud, einer der Jeepfahrer ein leidenschaftlicher Musiker ist. Sein Instrument ist eine zweiröhrige Flöte mit der er zwei Töne gleichzeitig spielt. Ein Ton bleibt immer gleich und das andere Rohr hat Löcher, wie wir es von unseren Flöten kennen. Was ich bisher nicht ahnte war, dass man für dieses Instrument die Permanentatmung braucht, wie auch bei der Digeridu. Mahmud meint, er könne bis zu einer halben Stunde permanent spielen. Er hat uns auch erzählt, dass die Musik in seinem Dorf nicht überall gern gehört wird. Die konservativen Moslems mögen Musik nicht, aber irgendwie wird es doch toleriert. Mahmut zeigt uns auch ein Video auf seinem Handy, wo er Musik zu einer Bauchtanzgruppe macht. Eine deutsche Bauchtänzerin war auch mal im Camp und hat zu seiner Musik getanzt.  

Wir haben dann allmählich unsere Schlaflager eingerichtet. Der Himmel war so klar und voller Sterne, dass keiner von uns im Zelt schlafen wollte. Ein Nacht unter dem Sternenhimmel in der Wüste.
Am Morgen haben wir noch gefrühstückt und sind danach durch ein kleines Dorf zu einem Salzsee gefahren. Überall riesige Wälder mit Dattelpalmen. Datteln, wohin man nur sehen konnte.

Die Gegend liegt etwa 20 m unter dem Meeresspiegel. Deshalb gibt es hier Wasser, sobald man anfängt danach zu buddeln.
In einem sehr warmen Bad hatten wir schließlich den Abschluss unseres Ausflugs. Am Dorfausgang war ein Behälter aus Beton mit sehr warmem Wasser, das aus einem dicken Rohr geschossen kam, groß genug im darin zu baden, aber nicht groß genug zum Schwimmen. Während wir uns alle in dem warmen Wasser getummelt haben, kamen einige Männer aus dem Dorf und füllten ihre Wasserkanister ab. Die haben sich dabei so richtig Zeit gelassen und uns genüsslich beobachtet. Frauen, die im Dorf wohnen, gehen nie auf die Straße und schon gar nicht hier ins Bad.
Den Weg zurück nach Kairo hatten wir wieder mit dem blöden Fahrer vom Tag davor. Er telefonierte die ganze Zeit, sprach kein Wort Englisch, wollte uns dauernd seine ägyptischen Schlager aufdrängen. Als wir in Kairo ankamen wollte er natürlich Trinkgeld haben. Wofür eigentlich? Ich habe kein Problem Trinkgeld zu geben, wenn es um eine besonderen Service geht, oder wenn man den Fahrer bei so einer Tour besser kennenlernt, es also eine Art persönlicher Beziehung gibt. Wir haben das „tip for driver“ einfach ignoriert.

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