Opuwo — Sesfontein — Opuwo

Sesfontein war ein totaler Reinfall. Aber dazu später.

Zu dem Himbadorf möchte ich noch ergänzen, dass die kleinen Hütten allesamt aus dünnen Hozstämmen gebaut sind. Das Gestänge und das Dach sind Männersache. Die Frauen sind dafür zuständig, den Lehm an die Wände zu werfen und das Haus von außen zu verputzen. Innen ist gestampfter Lehmboden. Die Hütten haben vielleicht 10 bis 15 qm und außer der Eingangstür gibt es keine Lichtquelle. Elektrisches Licht oder gar fließendes Wasser gibt es natürlich auch nicht.
Fast alle Frauen im Dorf waren barfuß. Schuhe sind teuer.
Nach unserem Rundgang saßen plötzlich alle Frauen in einem großen Kreis und wollten uns Schmuck und kleine geschnitzte Figuren verkaufen. Jede hatte vor sich auf einem Tuch ausgebreitet was sie verkaufen wollte. Den Schmuck machen sie selber. Aber die Figuren? Später haben wir Cancy danach gefragt. Die Figuren kommen tatsächlich aus Südafrika und die Frauen versuchen, uns das für ein Vielfaches zu verkaufen. Was hat das mit ihrer eigenen Kultur zu tun? Ich habe Cancy auch gefragt, warum viele der Frauen unten keine Schneidezähne haben. Sie erzählte uns, dass den Mädchen im Alter von 14 oder 15 Jahren tatsächlich die Schneidezähne ausgeschlagen werden. Dafür sind ältere Männer zuständig.

Ein paar einzelne Männer waren auch im Dorf. Einer von ihnen hatte ein altmodisches Kofferradio. Als ich mit ihm ins Gespräch kam, meinte er, seine Hütte sei viel zu klein und nicht gut genug. Um sie auszubauen brauche er etwas Geld und ich könnte ihm ja behilflich sein dabei. Als er dann hörte, dass ich nicht verheiratet bin, meinte er, dass er mich gerne heiraten würde. Ich bin dann lieber schnell gegangen. Was sich hier anhört wie ein Scherz ist tatsächlich ernst gemeint. Kurze Zeit später gab es eine ähnliche Situation, da wollte man uns beide, also auch Win verkuppeln und verheiraten. Wir haben es bei dem Scherz belassen und sind unverheiratet entkommen.

Kurz vor der Abenddämmerung sind wir noch einmal über den Markt von Opuwo gegangen. Ich fand es etwas unheimlich. Kann es sein, dass Tiere dort auf dem Markt zwischen den Buden geschlachtet werden? Hörner von einer Kuh lagen im Sand und daneben hat ein Hund Blut von einer Zeitung abgeleckt. Bei manchen Ständen konnte ich gar nicht sehen, was überhaupt verkauft wurde.
Mir kam der Markt vor wie Spießrutenlaufen. Die Frauen kommen angelaufen wenn sie Weiße sehen, um mit aller Gewalt ihren Schmuck zu verkaufen. Ich kann sie aus ihrer verzweifelten Lage damit nicht befreien. Auch wenn ich ihnen alles abkaufen würde, an ihrer Situationen würde sich dadurch nichts ändern.

Geld tauschen in der Bank in Opuwo hat nicht geklappt, weil ein Fehler im Computersystem war. In beiden Banken haben wir es versucht, aber überall das Gleiche. Man steht in der Schlange, wartet eine halbe Stunde. Dann verspricht einem der Bearbeiter, dass er in Windhoek anrufen will und verschwindet. Wenn man nach einer weiteren halben Stunde unruhig wird und nachschaut wo er bleibt, dann findet man ihn am Schalter um die Ecke, wo er andere Kunden abfertigt. Aber so ist das halt hier. Dummerweise haben wir es am Morgen vor unserer Weiterfahrt nicht mehr in der Bank versucht. Wir waren auf dem Weg nach Sesfontein, einer Stadt mit 7000 Einwohnern und dachten, dass dort zumindest eine Bank oder ein Geldautomat sein würde. Aber Fehlanzeige.

Unterwegs eine Reifenpanne, fernab jeder Ortschaft. Der Ersatzreifen musste ran. Aber was ist, wenn noch mal ein Reifen aufgibt?

Reifenpanne
Die Einfahrt zum alten Fort in Sesfontein

In Sesfontein ist eigentlich gar nichts, keine Bank, kein Supermarkt, keine richtige Werkstatt. Der Reifen konnte zwar repariert werden, aber so wie der aussah, wäre der nach 100 Metern wieder hin gewesen. Wir finden einzelne zersiedelte Gehöfte mit kleinen Hütten und außerdem gibt es nur als alte Fort, das von Deutschen gegen Rinderpest, Waffenschmuggel und Wilderei um 1890 gebaut wurde. Inzwischen ist es eine Nobelunterkunft. Wobei sich „nobel“ mehr auf den Preis als auf den Komfort bezieht. Die Preise im Internet stimmen nicht, sondern es ist noch mal um Einiges teurer. Bezahlen mit Kreditkarte geht nicht. Wir konnten schließlich einen Sonderpreis aushandeln, einschließlich Abendessen. Nun wird es eng mit dem Geld. Wir haben zwar genug Euro dabei, können aber nichts wechseln. Von den Leuten hier hat nicht einer eine Ahnung davon, dass es überhaupt andere Währungen außer der Namibischen gibt.

Innenhof im Fort Sesfontain

Unser Zimmer ist sehr schön, mit einem großen Bett und Moskitonetz und mit einem schönen Bad. Von Luxus kann jedoch keine Rede sein, es ist nicht mal der übliche Standard. Aber es gibt einen Swimmingpool, den wir nach dieser staubigen Tour durch die Berge genießen. Was für ein Wahnsinn: das ganze Land ist trocken, die Menschen haben nicht genug Wasser und hier wird ein ganzer Swimmingpool zum Vergnügen mit Wasser gefüllt.
Außer uns ist noch eine Familie, Vater, Mutter, Tochter, aus Italien hier. Ansonsten sind alle Zimmer leer. 25 Leute arbeiten hier also für 5 Gäste und langweilen sich ansonsten zutode.
Unser Abendessen, ein 5-Gängemenü, war eine ziemliche Enttäuschung. Gemüse aus der Dose und Ketchup zur Vorspeise…  Das Frühstück war noch langweiliger und selbst nach einem Teebeutel musste ich fragen. Toaster kaputt, kein Besteck um den klebrigen Käse zu vereinzeln. Bei umgerechnet ca. 180 Euro für eine Übernachtung erwarte ich doch etwas mehr.

Da Opuwo der am nächsten gelegene Ort war, haben wir uns entschlossen, zurück zu fahren. 150 km steinige Sandstraße ohne vernünftigen Ersatzreifen ist heikel genug, aber mehr wollten wir wirklich nicht riskieren. Die Italiener wollten die gleiche Strecke fahren und so haben wir sie gebeten, uns im Falle einer weiteren Panne mitzunehmen und sind vorausgefahren. Also sind wir wieder da, wo wir gestern losgefahren sind und machen neue Pläne. Unser Fehler war die Annahme, dass Sesfontein eine richtige Stadt ist, so wie es in der Karten eingezeichnet ist.

Wildpferde auf der Landstraße zwischen Opuwo uns Sesfontein

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