Gestern, auf unserer letzten Station im Nationalpark, saß beim Frühstück ein älteres Ehepaar aus Südafrika am Nebentisch. Die Frau war ausgesprochen unsympathisch, sah die ganze Zeit hochnäsig und irgendwie eingeschnappt aus. Schließlich sagte sie zu der schwarzen Kellnerin „bring mir eine Serviette“. Weder bitte noch danke. Ein paar Minuten danach hat sie die Kellnerin runtergeputzt, weil die Spiegeleier auf dem Teller ihres Mannes nicht richtig durchgebraten waren, gegessen hat er sie schließlich trotzdem. So wird sie zu Hause wohl auch mit den schwarzen Bediensteten umgesprungen sein. Kein Wunder also, wenn der Spieß mal umgedreht wird.
Den Nationalpark haben wir gestern verlassen. In insgesamt 3 geschützten Ressorts hatten wir Quartier. Namutoni war die erste Station: zwei Tage in einem wunderschönen Zimmer mit Bad und allem Komfort, fast schon luxuriös. Dann waren wir zwei Tage in Halali, mit weniger Komfort, aber immer noch angenehm. Zum Schluss waren wir eine Nacht in Okauqueijo, hatten ein spartanisches Zimmer ohne Tisch, ohne Sitzgelegenheit und das war trotzdem am teuersten, nämlich umgerechnet 120 Euro. Win war vor 10 oder 15 Jahren schon mal hier und meinte, dass es damals nicht so kommerziell und schon gar nicht so teuer war. EIn Beispiel für Abzocke: in den Restaurants kann man abends am Büffet teilnehmen. Das kostet ca. 25 Euro umgerechnet, dafür kann man essen soviel man will. Allerdings hat man keine Möglichkeit, eine kleine Malzeit a la Cart zu wählen. Uns beiden bekommen späte üppige Malzeiten absolut nicht, also haben wir uns in den Shops selbst versorgt. Die Shops haben ein sehr beschränktes Sortiment und sind mehr als doppelt so teuer wie normale Supermärkte — immerhin ist das eine Alternative. Aber wer verdient daran? Es ist ein staatliches Unternehmen und man kann nur hoffen, dass auch die Leute im Land davon profitieren. Viele Menschen hier leben unterhalb der Armutsgrenze, nämlich deutlich mehr als 10 %. Armutsgrenze heißt hier 280 Namibische Dollar, das sind umgerechnet etwa 25 Euro monatlich.
Den Kontrollpunkt bei der Ausfahrt aus dem Nationalpark mussten wir passieren. Mir kam es fast vor wie eine Grenzkontrolle. Auf der Weiterfahrt nach Opuwo sind wir auf knapp 180 km drei Mal von der Polizei kontrolliert worden. Das sind fest installierte Posten an allen Knotenpunkten. Manchmal sitzen zwei gelangweilte Polizisten dort, spielen mit ihren Handys und winken alle durch, manchmal sind aber auch 10 Polizisten vor Ort und wollen den Führerschein sehen, gucken in den Kofferraum, fragen woher man kommt und wohin man will. Wozu das gut ist, hat sich mir noch nicht erschlossen.
Dafür dürfen Kühe, Ziegen und Schafe auf der Fahrbahn rumlaufen. Das Tempolimit auf den Hauptstraßen ist normalerweise 120 kmh. Man muss also verdamm gut aufpassen.
Kurz vor Opuwo waren wir in einer Tourist-Info. Dort haben wir uns für heute verabredet, um in ein typisches Himba-Dorf zu fahren, ca. 15 km von Opuwo entfernt. Die Himba sind einer von mehreren Stämmen, die hier im Norden von Namibia beheimatet sind. Die alten Traditionen gibt es hier noch. Himba-Frauen kleiden sich sehr rustikal mit Fellen von Tieren, tragen jede Menge traditionellen Schmuck, der Oberkörper ist barbusig und sie reiben sich jeden Morgen mit einer Mischung aus roter Erde und Ziegenbutter ein, auch die Haare. Das Straßenbild von Opuwo ist von den Himba-Frauen geprägt und auch im Supermarkt standen sie mit uns in der Schlange.
In Opuwa tobt das pralle Leben. Hier ist das wirkliche Afrika, fern ab von allem was Schutz bietet. Die Straßen sind den ganzen Tag voller Menschen der unterschiedlichsten Stämme. Weiße sieht man kaum. Die Stadt hat ein paar neuere Gebäude und Supermärkte, aber der Hauptteil besteht aus provisorischen Hütten, die die Stadt zu einem riesigen Marktplatz machen. Die Hütten sind aus Holzstämmen zusammengesetzt und abgedeckt mit Plastikplanen, von denen durch den Einfluss von Wind und Sonne meistens nur noch Fetzen vorhanden sind.
Bei den Himbas war das so, dass wir vorher mit unserem Guide, einer Himba-Frau, einkaufen waren. Cancy haben wir gestern in der Touri-Info angeheuert. Das Dorf ist ihr ursprüngliches Zuhause. Weil sie gut in der Schule war, hat sie diesen Job gekriegt und sieht gar nicht mehr aus wie eine typische Himba. Maismehl, Toastbrot, Zucker, Bonbons haben wir als Geschenke für die Dorfbewohner eingekauft. Es gibt dort kaum eine Möglichkeit, mit eigener Arbeit seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Die eigene Kultur den Touristen anzubieten, liegt nahe, weil wir ja alle hungrig sind auf alles, was ursprünglich und natürlich ist.
Im Dorf leben insgesamt ca. 300 Leute. Anwesend waren hauptsächlich Frauen mit Kindern. Die nächste Wasserstelle ist 5 km entfernt und es ist Aufgabe der Frauen, das Wasser zu holen. 20 l-Kanister werden da locker auf dem Kopf balanciert. Wasser ist viel zu kostbar, um es zum Waschen zu benutzen. Weder der Körper noch die Kleidug werden gewaschen. Körperpflege ist das Einreiben mit der roten Erde und ein Parfum aus brennendem Holz, das unter die Achseln und an bestimmte Körperstellen gehalten wird. Es gibt keine Scheu vor Schmutz und Staub. Auch die Kleinkinder krabbeln mit nackten Po durch den Sand, der mit dem Ziegenkot gemischt ist.
Unsere Geschenke sind willkommen, aber wir hätte auch Wasser zum Trinken kaufen sollen.
Morgen sind wir mit Cancy zum Frühstück verabredet. Sie ist 28, lebt mit ihrer Mutter und ihrem 4jährigen Sohn zusammen in Opuwo. Verheiratet ist sie nicht, weil der Vater ihres Kindes sie verlassen hat. Aber sie meint, dass sie gut zu recht kommt.