Versöhnung

Neulich hatten wir eine Stadtrundfahrt durch Buenos Aires mit Maria, einer Frau, die Mitglied bei Servas ist. Das hat uns versöhnt mit der Stadt, mit dem Risiko beklaut zu werden und dem ständigem Auf-der-Hut-sein.

Maria wollte uns in ihrem Haus in La Plata beherbergen, aber wegen der Unsicherheit auf den Straßen und auch weil es äußerst schwierig ist, ohne Spanischkenntnisse etwas zu organisieren, sind wir lieber im Hotel wohnen geblieben. Am Tag darauf hatten wir eine Verabredung mit Monika, auch einer Servas-Frau. Wir haben nach den Gesprächen mit den beiden Frauen mehr Einblick in die Problematik hier. Beide sagen, dass das Land wirtschaftlich am Ende ist. Das Überleben wird immer schwieriger, viele Leute verlassen das Land. Hohe Arbeitslosigkeit und Armut lassen die Kriminalitätsrate anwachsen. Beide bedauern natürlich, dass wir so negative Erfahrungen gemacht haben und gleichzeitig wurde uns bestätigt, dass jede Art von Diebstahl hier völlig normal ist und zum Alltag gehört. Zum Straßenbild gehört auch das für uns unfassbare Aufgebot an Polizei und Sicherheitskräften. Jedes Geschäft hat eigenes Sicherheitspersonal. Meistens wachen diese vor den Eingängen. Polizeistreifen sind allgegenwärtig.

Bei der Stadtrundfahrt mit Maria: ein Luxusviertel aus Glas und Stahl zum Wohnen
Der Yachthafen ist 15 Gehminuten von unserem Hotel in der Altstadt entfernt

Dass es auch anders geht, hat Monika in Europa erlebt, wo sie regelrecht fühlen konnte, dass es entspannter zugeht. Monika arbeitet für die Konrad-Adenauer-Stiftung hier in Buenos Aires. Die Mutter war Österreicherin, der Vater Deutscher. Sie wuchs mit zwei Sprachen auf und spricht außerdem sehr gutes Englisch.

Für uns waren diese Treffen wichtig, um das Land halbwegs zu verstehen. Große abenteuerliche Touren haben wir nicht mehr gemacht, sind aber viel durch die Stadt gelaufen. Busse, Metro und vor allem Taxis haben wir vermieden. Vielleicht war das übertriebene Vorsicht, aber vor allem Win ging es besser damit.

Mich stimmt die Stadt traurig. Bessere Zeiten hat es gegeben, das kann man sehen. Auch legen die Leute großen Wert darauf, perfekt gekleidet auszugehen. Man sieht alte Männer in Anzug und Krawatte, die Frauen immer mit Makeup und elegant in den schönen alten Kaffeehäusern sitzen. Nicht aufgeben ist die Devise.

Unser Kaffeehaus „London City“

Unsere Kaffeehausbesuche, ein luxuriöses Abendessen in einem traditionellen argentinischen Restaurant waren die Höhepunkte der letzten Tage. Ich fühle mich unwohl bei dem Gedanken, dass ganze Familien hier auf der Straße leben, während wir unseren Luxus haben. Ganze Familien mit Kindern leben zusammen gekauert unter alten Decken, nicht nur gestrandete Einzelpersonen, die vielleicht Probleme mit Drogen oder Alkohol haben. Und das bei dieser Kälte hier. Das ist für mich immer noch schockierend, denn das zeigt das tatsächliche Ausmaß der sozialen Not. Sowohl Maria als auch Monika sagten, dass es Sozialleistungen hier über gemeinnützige Organisationen gibt, das jedoch nie ausreicht um zu überleben. Bei unserem Weg entlang des Hafens war die Straße gesäumt von Händlern jeder Art. Maria meinte, dass es das vor einem Jahr noch nicht gab. Die Leute versuchen irgendwie zu überleben.

Argentinien ist berühmt für viel Fleisch auf den Tellern

Die Straße vor unserem Hotel ist eine belebte Fußgängerzone. Auf beiden Seiten stehen im Abstand von 10 Metern Geldwechsler die pausenlos „cambio“ rufen, das heißt so viel wie umtauschen. Das sind die Schwarzhändler, vor denen überall gewarnt wird. Auch das sehe ich als Zeichen der schlechten allgemeinen Lage.

Die Straße vor unserem Hotel

Morgen fliegen wir nach Neuseeland und von dort aus nach Brisbane. Dann sind wir am Sonntag zu Hause und die Welt ist wieder in Ordnung.

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